Revision Baugesetz und Schaffung Energiegesetz
Ausgangslage
Auslöser für die Baugesetzrevision sind zwei politische Vorstösse von Kantonsrat Maurus Pfalzgraf, nämlich die Motion betreffend «Zone für erneuerbare Energien» sowie das Postulat betreffend «Mehr bewilligungsfreie Solaranlagen». Eine weitere Motion fordert, die Bestimmungen des Baugesetzes, welche die Thematik Energie betreffen, in ein eigenständiges Energiegesetz zu überführen und dieses mit zusätzlichen Bestimmungen zu erweitern.
Auf dieser Seite werden die Bestimmungen, welche die Windenergie betreffen, erläutert. Falls es zu einer Volksabstimmung kommt – was sehr wahrscheinlich ist –, werden wir auch die anderen energierelevanten Aspekte thematisieren.
Baugesetz
Kantonale Zone für Abfallanlagen und kantonale Zone für Anlagen für erneuerbare Energien (Art. 5)
Die aktuelle Bestimmung Art. 5 Baugesetz sieht vor, dass der Regierungsrat im Rahmen der Abfallplanung die Standorte der erforderlichen Deponien und anderen Entsorgungsanlagen bestimmt. Neu sollen zudem die Standorte für Energieversorgungsanlagen von kantonalem Interesse ebenfalls vom Regierungsrat bestimmt werden können. Für diese Anlagen kann das Baudepartement kantonale Nutzungszonen erlassen. Es sind nur Bauten und Anlagen zulässig, die der Produktion, Verteilung oder Speicherung von erneuerbaren Energien oder dem Betrieb der Abfallanlagen dienen. Das Baudepartement hört die betroffenen Gemeinden vorgängig an und legt die Planentwürfe samt den dazugehörigen Bau- und Nutzungsvorschriften öffentlich auf. Mit der Genehmigung einer Zone für Abfallanlagen oder einer Zone für erneuerbare Energien durch den Regierungsrat sind die kommunalen Bauvorschriften und Planungen für das betreffende Gebiet aufgehoben.
Bei Anlagen von kantonalem Interesse handelt es sich um Anlagen, die über den Leistungs- und Energiebedarf der Gemeinde hinausgehen oder welche die Nachfrage der Gemeinde übersteigen. Darunter fallen z.B. Wasserkraftwerke, Holzheizkraftwerke, grosse Windenergieanlagen, grosse Freiflächenanlagen (Solarenergie) sowie Tiefengeothermieanlagen.
In der ersten Lesung im Kantonsrat wurde die Erweiterung von Artikel 5 um kantonale Zonen für Anlagen für erneuerbare Energien nur äusserst knapp angenommen.
Pro Wind Schaffhausen begrüsst die Schaffung von kantonalen Zonen für Anlagen für erneuerbare Energien ausdrücklich. Denn es besteht ein übergeordnetes Interesse an einem Ausbau der erneuerbaren Energien. Diese Stossrichtung wurde auf Bundesebene dreimal (Energiegesetz im Jahr 2017, Klima- und Innovationsgesetz im Jahr 2023 und Stromgesetz im Jahr 2024) vom Volk gutgeheissen. Zudem sind diese Zonen für erneuerbare Energien notwendig, um die Energieversorgung zu sichern und Verfahren zu beschleunigen, da lange Verfahren ein Problem für Investoren darstellen. Letztendlich werden die Gemeinden entlastet, da der Kanton mehr Ressourcen für komplexe Verfahren hat.
Das Beispiel von Hemishofen zeigt, dass die Gemeindeautonomie bei Windenergieprojekten nicht zielführend ist. Es kann doch nicht sein, dass die Planung eines Windparks mehr als 10 Jahre beansprucht und die Realisierung anschliessend noch scheitern könnte.
Da die Windenergieanlagen ausserhalb der Siedlungsgebiete liegen, sind im Umkreis von Windenergieanlagen – wenn überhaupt – nur wenige Personen von negativen Emissionen wie Schattenwurf und Schall betroffen. Und dies auch nur während einer beschränkten Anzahl von Stunden pro Jahr. Dazu kommt, dass eine Gemeinde, auf deren Gebiet eine Anlage geplant ist, unter Umständen weniger tangiert ist als eine Nachbargemeinde (z.B. Einsehbarkeit, Schattenwurf, Emissionen während der Bauphase). Diese Aspekte sprechen dafür, dass der Kanton für das ganze Verfahren zuständig sein soll und nicht die Standortgemeinde.
Bei Windparks muss das Gemeinwohl – Versorgungssicherheit und Reduktion der Treibhausgasemissionen – höher gewichtet werden als die Gemeindeautonomie. Insbesondere auch deshalb, weil, wie bereits erwähnt, die Standortgemeinde kaum oder gar nicht von negativen Emissionen betroffen ist.
Wir appellieren im Hinblick auf die zweite Lesung an die vorberatende Kommission und an den Kantonsrat, der Anpassung von Artikel 5 im Sinne einer Ausweitung auf kantonale Zonen für Anlagen für erneuerbare Energien zuzustimmen.
Insbesondere aufgrund ihres Produktionsmusters – deutlich höhere Stromproduktion im Winter als im Sommer – können Windenergieanlagen einen wichtigen Beitrag an eine sichere und nachhaltige Stromversorgung leisten.
Energiegesetz
Mitwirkung bei Windenergieprojekten
Ein neuer Artikel verlangt, dass die Standortgemeinden, in denen grosse Windenergieanlagen zu stehen kommen, und die Nachbargemeinden über die im Baugesetz verankerten Mitwirkungsmöglichkeiten hinaus in geeigneter Weise in den Planungsprozess miteinzubeziehen und regelmässig über den Stand des Projekts zu informieren sind.
Mitwirkungsmöglichkeiten sind heute bereits gesetzlich festgelegt. Im Zusammenhang mit der Windenergie fängt dies bei der Mitwirkung zum kantonalen Richtplan an und geht über die Mitwirkung bei der kommunalen Nutzungsplanung (Bauordnung und Zonenplan) bis zur Beschreitung des Rechtsmittelweges im Nutzungsplan- und Baubewilligungsverfahren. Die Erfahrungen bei Projekten in anderen Kantonen zeigen aber, dass eine zusätzliche Mitwirkung der Akzeptanz eines Windenergieprojekts förderlich sein kann. Dabei geht es insbesondere darum, möglichst früh und möglichst breit zu informieren. Wer sich bereits in der Planungsphase abgeholt fühlt, hat eine positivere Einstellung zum Projekt. Der Einbezug der Nachbargemeinden ist von besonderer Bedeutung, weil diese nicht über die Nutzungsplanung bestimmen können. Opposition mit dem Argument, man sei nicht oder zu spät informiert worden, kann so allenfalls verhindert werden.
Anzumerken ist noch, dass diese weitergehende Mitwirkung häufig bereits Praxis ist, aber durch eine gesetzliche Verankerung mehr Gewicht erhält.
Windzins
Dieser Artikel fordert, dass die Betreiber von Windenergieanlagen ab einer Ge-samtnennleistung von 1’000 Kilowatt jährlich einen Windzins an die Standortgemeinden zu entrichten haben.
Der Windzins ist eine Abgeltung für die Veränderungen, die mit der Erstellung und dem Betrieb der Windenergieanlagen verbunden sind, z.B. in Bezug auf das Landschaftsbild. Vergütungen der Projektträger an Gemeinden sind heute zwar schon üblich, sie sind aber freiwilliger Natur. Durch die gesetzliche Verankerung unter dem Titel «Windzins» stehen sie auf einer rechtlichen Basis. Der Windzins stellt eine Garantie für eine minimale Vergütung dar. Darüberhinausgehende Vergütungen zwischen Betreiber, Grundeigentümer, Standortgemeinden und benachbarten Gemeinden sind wie bisher freiwillig und Gegenstand der Verhandlungen.
Der Windzins wird je Einzelanlage berechnet und kommt derjenigen Gemeinde zugute, auf deren Territorium die Anlage steht. Als Beispiel würde der Windpark im benachbarten Wiechs am Randen (Verenafohren) maximal rund 50'000 Franken Windzins pro Jahr abwerfen (3'300 kW Nennleistung mal drei Anlagen mal 5 Franken = 49'500 Franken).
Beteiligung an Windenergieanlagen
Dieser Artikel will, dass die Betreiber von grossen Windenergieanlagen den Standort- und Nachbargemeinden, deren Bevölkerung sowie den kommunalen und regionalen Energieversorgungsunternehmen die Möglichkeit bieten, sich in geeigneter Weise an der Wertschöpfung aus der Stromerzeugung aus Windenergie zu beteiligen.
Projekte wie die Stromproduktion aus grossen Windenergieanlagen stossen auf grössere Akzeptanz, wenn sie lokal verankert werden können. Es geht darum, Betroffene zu Beteiligten zu machen. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten wie die Gründung einer Aktiengesellschaft, die Herausgabe von Anleihen oder Stromabnahmeverträge. Je nach Rechtsform und internen Vorgaben des Betreibers ist nicht jede Form der Beteiligung möglich. Welche Form gewählt wird, ist deshalb im Gesetz nicht geregelt. Verpflichtet werden sie aber, Beteiligungsmodelle anzubieten. Ein Angebot muss spätestens bei der Baugesuchseingabe vorliegen.
Rückbau von Windenergieanlagen
Dieser Artikel regelt den Rückbau von Windenergieanlagen sowie eine Finanzierungsabsicherung.
Leider wurde der Artikel betreffend Beteiligung an Windenergieanlagen in der ersten Lesung im Kantonsrat mit Stichentscheid des Präsidenten abgelehnt. Die anderen Artikel fanden eine Mehrheit.
Pro Wind Schaffhausen begrüsst die neuen Bestimmungen im geplanten Energiegesetz, inklusive des abgelehnten Artikels betreffend Beteiligung an Windenergieanlagen.