Stellungnahme zu Baugesetz und Energiegesetz zuhanden der vorberatenden Kommission des Kantonsrats

Pro Wind Schaffhausen, 31. Oktober 2024

Es ist zielführend, dass der Kanton bei Energieversorgungsanlagen von kantonalem Interesse allein für die Nutzungsplanung und den baurechtlichen Entscheid zuständig ist. Genauso, wie es heute bereits bei Abfallanlagen der Fall ist. Dass das aktuelle Regelwerk nicht funktioniert, zeigt das Projekt Chroobach, das sich schon seit mehr als 10 Jahren hinzieht, exemplarisch auf.

Kommunales «Vetorecht» ist undemokratisch

Es darf doch nicht sein, dass eine einzelne Gemeinde ein wichtiges Projekt verhindern und somit die Ziele des Kantons im Bereich erneuerbare Energien de facto aushebeln kann. Es müsste im Interesse sämtlicher Parteien sein, dass Projekte, welche die gesetzlichen Vorgaben erfüllen, rasch umgesetzt werden können. Ein kommunales «Vetorecht» bei Vorhaben von kantonaler Bedeutung ist auch demokratiepolitisch fragwürdig. Konkret heisst das nämlich, dass eine Minderheit der Mehrheit ihren Willen aufzwingt. Es sei daran erinnert, dass das Schweizer Volk die heutige energiepolitische Stossrichtung dreimal gutgeheissen hat (Energiegesetz im Jahr 2017, Klima- und Innovationsgesetz im Jahr 2023 und Stromgesetz im Jahr 2024). Nur das CO2-Gesetz wurde abgelehnt (2021). Das Stromgesetz wurde auch im Kanton Schaffhausen deutlich angenommen, und dies mit einem Stimmenanteil von über 63 %.

Es besteht also ein übergeordnetes Interesse an einem Ausbau der erneuerbaren Energien.

Es ist gängige Praxis, dass Vorhaben von nationaler oder kantonaler Bedeutung vom Bund bzw. vom Kanton abschliessend beurteilt und beschlossen werden. Dies gilt z.B. bei Infrastrukturvorhaben wie Nationalstrassen, Eisenbahntrassees und Flughäfen.

Mitspracherecht ist gewährleistet

Auch wir befürworten, dass die betroffenen Gemeinden – das können nicht nur die Standortgemeinde, sondern auch weitere Gemeinden sein – angehört werden und ein Mitspracherecht haben. Ein konstruktiver Dialog zwischen Kanton, Projektplanern und Gemeinden führt in der Regel zu besseren Lösungen. Dies gerade bei Fragen der Erschliessung und Verkehrsführung während der Bauphase, Umgebungsgestaltung, Aufwertung der Landschaft bzw. des Waldes nach der Erstellung. Eine Gemeinde, die sich hingegen querstellt, wird nichts erreichen.

Die unmittelbare Betroffenheit ist nicht gegeben

Je mehr Leute von Projekten unmittelbar betroffen sein könnten, umso wichtiger ist das Mitspracherecht der Betroffenen und der Gemeinden. Doch gerade bei Windkraftanlagen ist dies, nämlich eine unmittelbare Betroffenheit, nicht gegeben: keine schädlichen Emissionen während des Betriebs, kein zusätzlicher Verkehr nach Beendigung der Bauphase. Punkto Schallemissionen oder Schattenwurf sind keine oder allenfalls nur wenige Personen davon betroffen. Und dies auch nur während einer beschränkten Anzahl von Tagen oder Stunden pro Jahr. Es bietet sich sogar die Chance, die Landschaft oder den Wald nach Beendigung der Bauphase qualitativ aufzuwerten, was auch der Bevölkerung zugutekommt. Dass Windenergieanlagen sichtbar sind, lässt sich nicht wegdiskutieren. Im Vergleich etwa zu den beiden neuen RhyTech-Hochhäusern in Neuhausen am Rheinfall sind die Auswirkungen von Windenergieanlagen auf das Landschaftsbild jedoch viel geringer. Zudem stehen die RhyTech-Hochhäuser mitten im Siedlungsgebiet, was bei grossen Windenergieanlagen bekanntermassen nicht der Fall ist. Und im Übrigen ist Ästhetik subjektiv.

Gemeinden entlasten

Das Baugesuch für das koordinierte Planungs- und Baubewilligungsverfahren Chroobach umfasst 25 Bundesordner. Eine Gemeinde mit rund 500 Einwohnerinnen und Einwohnern hat schlicht nicht die Kapazitäten und das fachliche Know-how, um Projekte in diesem Umfang seriös prüfen und beurteilen zu können. Darum ist es folgerichtig, dass das ganze Prozedere beim Kanton angesiedelt werden muss. Letztendlich werden die Gemeinden entlastet, da der Kanton mehr Ressourcen für komplexe Verfahren hat. Dazu kommt, dass eine Gemeinde, auf deren Gebiet eine Anlage geplant ist, unter Umständen weniger tangiert ist als eine Nachbargemeinde (z.B. Sichtbarkeit, Schattenwurf, Emissionen während der Bauphase). Dieser Aspekt spricht ebenfalls dafür, dass der Kanton für das ganze Verfahren zuständig sein soll und nicht die Standortgemeinde.

Es ist für uns befremdend, dass ein Projekt wie der Windpark Chroobach in der Planung so viel Zeit und Geld beansprucht. Wo bleibt da der Bürokratieabbau? Schliesslich gibt es allein schon in Deutschland gegen 29‘000 Windenergieanlagen. Die Technik ist also längst etabliert und die möglichen Auswirkungen auf die Umwelt sind längst bekannt. Darum fordern wir, dass bei zukünftigen Projekten die vielen Auflagen und Abklärungen überdacht werden und somit Behörden und Steuerzahler/innen entlastet werden.

Versorgungsicherheit im Winter gewährleisten

Die Nutzung der Windenergie ist heute zusammen mit der Solarstromnutzung aus Grossanlagen die kostengünstigste Art der Stromerzeugung. Zusammen mit der Wasserkraft ist die Windenergie diejenige Stromerzeugungsart, welche die Umwelt am wenigsten belastet. Die Nutzung der Windenergie kann einen grossen Beitrag für die Versorgungsicherheit im Winter leisten. Bei einer länderübergreifenden Strommangellage im Winter können wir nicht damit rechnen, dass genügend Strom importiert werden kann. Sowohl die Haushalte wie die Unternehmen sind auf eine zuverlässige und sichere Stromversorgung angewiesen. Es versteht sich von selbst, dass mit Effizienzmassnahmen dafür gesorgt werden muss, dass der Stromverbrauich stabilisiert werden kann. Energieversorgungskonzepte aus dem letzten Jahrhundert helfen uns nicht weiter. Ebenso wenig das Hoffen auf Technologien, die noch nicht ausgereift sind.

Visualisierung Windpark Chroobach, Standort Klingenzell bei Mammern. zVg Projektgemeinschaft Chroobach Windenergie.

Blick vom Wanderweg Merishausen – Hagenturm auf die drei Windräder Verenafohren. Das Bild wurde mit einer Brennweite von 82 mm (Vollformat) aufgenommen. Das entspricht einem leichten Teleobjektiv.