Frankreich schliesst Atomreaktor Flamanville 3 ans Netz an
Nach 17-jähriger Bauzeit und mit zwölf Jahren Verspätung ist der EPR-Atomreaktor im französischen Flamanville ans Netz gegangen. Es ist das erste Mal seit 25 Jahren, dass in Frankreich ein neuer Reaktor den Betrieb aufnimmt.
Der ab 2007 gebaute Europäische Druckwasserreaktor (EPR) in Flamanville sollte ursprünglich bereits 2012 ans Netz gehen, die Fertigstellung verzögerte sich wegen technischer Probleme und Pannen jedoch immer weiter. Die Gesamtkosten wurde vom französische Energieversorger Électricité de France (EDF) zuletzt mit 13,2 Milliarden Euro angegeben, etwa viermal mehr als vorgesehen. Der französische Rechnungshof hatte die Kosten 2020 sogar auf 19 Milliarden geschätzt. Der Staat nahm das hoch verschuldete Unternehmen im vergangenen Jahr von der Börse.
Eine erste große Reparatur kündigt sich bereits an: Die französische Atomaufsicht hat EDF verpflichtet, 2026 die Abdeckung des Reaktors auszutauschen, bei der Schwachstellen im Stahl entdeckt worden waren.
Auch in Finnland 17 Jahre Bauzeit
Der EPR-Reaktor in Flamanville ist mit einer Kapazität von 1600 Megawatt der mächtigste Atomreaktor Frankreichs. Zunächst soll er seine Kapazität laut EDF nur zu 20 Prozent ausschöpfen, der Volllastbetrieb soll erst im Sommer kommenden Jahres aufgenommen werden.
Weltweit sind bislang drei Reaktoren mit der EPR-Technik in Betrieb, einer in Finnland und zwei in China. Beim finnischen EPR Olkiluoto 3 wurden die Erwartungen ähnlich enttäuscht wie in Flamanville, bis zur Inbetriebnahme 2022 vergingen auch dort 17 Jahre. Im britischen Projekt Hinkley Point C baut EDF mit chinesischer Hilfe gleich zwei EPR. Dort rechnet der Konzern nun mit Kosten von rund 50 Milliarden Euro. Der erste der beiden Reaktoren soll nach aktuellem Stand um 2030 fertig werden, zwölf Jahre nach Baubeginn.
Quelle: SPIEGEL Wissenschaft
Kernkraftwerk Flamanville (im Vordergrund die beiden konventionellen Reaktoren, in Betrieb seit 1985 und 1986, dahinter der EPR Flamanville 3). Foto: Lou Benoist / AFP
Kommentar von Felix Bräuer, Top Voice, LinkedIn
Die Baukosten betragen 13,2 Milliarden Euro. Damit kostet das Kraftwerk 8250 €/KW installierter Leistung. Bauzeit 17 Jahre.
Zum Vergleich: Freiflächen-Photovoltaikanlagen in Deutschland kosten heute weniger als 600€/kWp in der Errichtung. Anders ausgedrückt: Man könnte für die Kosten des Flamanville-Reaktors PV-Anlagen mit über 22 Gigawatt Leistung bauen das ist mehr als das 13-fache der Leistung des Reaktors.
Das vergleicht natürlich Äpfel mit Birnen, da das AKW fast rund um die Uhr produziert und die Solaranlagen wetterabhängig sind, aber es zeigt schon, wie gewaltig die Unterschiede sind.
Bei dem AKW kommen noch hohe Betriebskosten (OPEX) für Personal, Brennstoff, Entsorgung, usw. dazu, ca. 4 Cent/kWh.
Bei der Photovoltaik sind die Betriebskosten ca. 1,5% der Investitionssumme pro Jahr dagegen marginal, da kein Brennstoff eingekauft werden muss.
Natürlich kann die Photovoltaik allein keine Stromversorgung zu 100% sicherstellen, aber in Kombination mit anderen Erneuerbaren Energien, Speichern (Batterien und Power to X) und einer intelligenten Infrastruktur ist dies möglich.
Ich bin prinzipiell kein Atomkraftgegner, aber es macht wirtschaftlich aktuell keinen Sinn und noch wichtiger, es hilft uns nicht bei der Erreichung der Klimaziele, da die Bauzeiten in Europa viel zu lang sind.