Nein zu den beiden Windstrom-Verhinderungsinitiativen
Letzte Aktualisierung: Oktober 2025
Auch der Bundesrat lehnt die Volksinitiativen zur Verhinderung von Windenergie «Gegen die Zerstörung unserer Wälder durch Windturbinen (Waldschutz-Initiative)» und «Für den Schutz der direkten Demokratie bei Windparks (Gemeindeschutz-Initiative)» ab.
Wer Klimaschutz ernst meint, muss die Initiativen ablehnen
September 2025
Mitten in der Energiekrise, mitten in der Klimakrise und doch wird in der Schweiz aktuell über den Rückbau statt über den Ausbau von Windenergie diskutiert. Gleich zwei Volksinitiativen fordern Einschränkungen für Windräder.
Sie klingen harmlos, doch inhaltlich zielen sie auf ein faktisches Ausbremsen der Windkraft. Und das zur Unzeit. Was demokratisch klingt, ist in der Praxis eine systematische Erschwernis für ein ohnehin schon mühsames Ausbauprojekt. Denn bereits heute sind Bewilligungen für Windkraftanlagen ein jahrelanger Kraftakt.
In der Schweiz wurden 2024 insgesamt nur rund 0,17 TWh Windstrom erzeugt – das sind 0,3 Prozent des Stromverbrauchs.
Der Bund hat dagegen einen Zielwert von 4,3 TWh bis 2050 definiert. Dafür braucht es jährlich etwa – je nach Grösse der Anlage – 20 bis 30 neue Anlagen. Derzeit wird pro Jahr nicht einmal eine Handvoll gebaut.
Zwar ist Photovoltaik das Rückgrat der Schweizer Stromzukunft. Doch sie liefert vor allem tagsüber und im Sommer. Windkraft dagegen produziert besonders im Winterhalbjahr. Dann, wenn Solaranlagen schwächeln und der Strombedarf am höchsten ist.
Internationale Studien zeigen zudem: Der Netzausbau und die Speicherkosten sinken deutlich, wenn Wind- und Solarenergie kombiniert werden. Je einseitiger der Mix, desto teurer wird die Energiewende für alle.
Die Gegner argumentieren mit Landschaftsschutz. Doch laut Bundesamt für Energie sind nur weniger als 1 Prozent der Landesfläche überhaupt für Windnutzung geeignet. Und genau dort könnte man – mit durchdachter Planung – grosse Wirkung erzielen: Jede einzige Windturbine in der Schweiz produziert im Schnitt Strom für 1000 Haushalte. Der visuelle Eingriff steht in keinem Verhältnis zur klimapolitischen Bedeutung.
Wer die Energiewende will, muss auch über Wind sprechen. Die beiden Initiativen sind keine Detailkorrektur, sondern ein Frontalangriff auf ein wichtiges Puzzleteil der Stromzukunft. Wer Klimaschutz ernst meint, sollte sie ablehnen. Auch wenn Windräder nicht allen gefallen. Denn ästhetischer als ein Blackout sind sie allemal.
Quelle: Marcel Schürch auf LinkedIn (überarbeitet)
Bundesrat lehnt Verhinderungs-Initiativen gegen Energiewende ab
Oktober 2025
Der Bundesrat hat am 22. Oktober 2025 beschlossen, die beiden Volksinitiativen zur Verhinderung von Windenergie «Gegen die Zerstörung unserer Wälder durch Windturbinen (Waldschutz-Initiative)» und «Für den Schutz der direkten Demokratie bei Windparks (Gemeindeschutz-Initiative)» ohne Gegenvorschlag abzulehnen.
Beide Begehren würden laut Bundesrat den Ausbau der Windenergie in der Schweiz massiv behindern und damit die Versorgungssicherheit, insbesondere im Winterhalbjahr, schwächen. Die aus unserer Sicht klar vorgeschobenen Anliegen der Initiativen – der Schutz von Wäldern und Gemeinden – sind zudem bereits heute in der bestehenden Gesetzgebung umfassend berücksichtigt und werden durch den vom Parlament im Herbst 2025 verabschiedeten Beschleunigungserlass zusätzlich gestärkt.
Faktisches Technologieverbot
Die «Waldschutz-Initiative» verlangt ein grundsätzliches Bauverbot für Windenergieanlagen im Wald und in einem Umkreis von 150 Metern. Damit würde rund die Hälfte der Landesfläche für Windprojekte ausgeschlossen. Schätzungsweise 75 Prozent aller bereits weit fortgeschrittenen Projekte wären betroffen – die meisten davon liegen ausserhalb des Waldes. Darunter befinden sich auch zahlreiche Projekte mit bereits genehmigter kommunaler Nutzungsplanung.
Gemäss Berechnungen von Suisse Eole würde die Initiative deutlich mehr als 2 Milliarden kWh Windstrom pro Jahr, die derzeit aktiv geplant sind, pauschal verhindern – das entspricht dem jährlichen Haushaltsstromverbrauch von rund 1,8 Millionen Personen. Die Initiative käme somit einem faktischen Technologieverbot gleich und würde die kantonalen Spielräume bei der Energieplanung drastisch einschränken, was nicht im Sinne der Versorgungssicherheit sein kann.
Verhältnisloser Eingriff in die kantonale Planungshoheit
Die «Gemeindeschutz-Initiative» fordert, dass Windprojekte die Zustimmung sowohl der Standort- als auch der Nachbargemeinden benötigen. Damit würde ein weitgehendes kommunales Vetorecht in die Bundesverfassung eingeführt – ein Eingriff in die kantonale Planungshoheit. Der Bundesrat betont, dass mit dem neuen Beschleunigungserlass die Rolle der Gemeinden bereits klar definiert und gestärkt wurde: Wo das kantonale Recht keine Ausnahmen vorsieht, müssen Standortgemeinden explizit zustimmen.
Windenergie als Pfeiler der Versorgungssicherheit im Winter
Zudem erinnert der Bundesrat daran, dass die Schweizer Bevölkerung mit der Abstimmung über das Stromgesetz 2024 den Ausbau der erneuerbaren Energien – inklusive Windkraft – deutlich bejaht hat. Da Windenergie rund zwei Drittel ihrer Produktion im Winterhalbjahr liefert, ist sie ein zentraler Pfeiler der Versorgungssicherheit und eine notwendige Ergänzung zur Photovoltaik.
Suisse Eole begrüsst den Entscheid des Bundesrats ausdrücklich
«Wir begrüssen, dass diese Verhinderungsinitiativen abgelehnt werden. Die Schweiz braucht keine Technologieverbote, sondern muss im Gegenteil den Ausebau aller verfügbaren erneuerbaren Energien beschleunigen. Nur so erreichen wir die Ziele der Energiestrategie und stärken unsere Unabhängigkeit in der Stromversorgung», erklärt Olivier Waldvogel, Verantwortlicher Deutschschweiz von Suisse Eole.
Der Bundesrat will die Botschaften zu den beiden Initiativen bis Mai 2026 verabschieden, um rasch Rechtssicherheit über ihren weiteren Verlauf zu schaffen.
Quelle: Suisse Eole
Diese Anlagen im Windpark Ste-Croix wären zu nahe am Wald und dürften gemäss Waldschutz-Initiative nicht mehr gebaut werden. Bild: Reto Hunziker
Um was geht es?
August 2025
Mit zwei Volksinitiativen will die Vereinigung «Freie Landschaft Schweiz» den Ausbau der Windenergie in der Schweiz grundsätzlich verunmöglichen. Mit der Initiative «Gegen die Zerstörung unserer Wälder durch Windturbinen» will die Vereinigung erreichen, dass Windkraft-Anlagen nur noch ausserhalb von Wäldern und bestimmten Waldweiden stehen dürfen. Ein Bauverbot für Anlagen ab 30 Meter soll zudem in Gebieten mit weniger als 150 Meter Distanz von Wäldern oder Waldweiden gelten. Die zweite Initiative «Für den Schutz der direkten Demokratie bei Windparks» verlangt, dass die Standortgemeinde in einer Abstimmung dem Bau von Windanlagen ab 30 Metern Gesamthöhe zwingend zustimmen muss. Abstimmungen muss es gemäss Initiative zwingend auch in tangierten Nachbargemeinden geben. Welche Kriterien für die besondere Betroffenheit sprechen, lässt der Initiativtext offen. Sogar gewisse bereits gebaute Anlagen bedürften nachträglich einer Zustimmung der Gemeinden und müssten bei negativem Abstimmungsausgang zurück gebaut werden.
Schwieriges Demokratieverständnis
Mit den beiden Initiativen beweisen die Initianten ein schwieriges Demokratieverständnis. So zielt die Initiativen «Gegen die Zerstörung unserer Wälder durch Windturbinen» auf das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, das die Schweizer Stimmbevölkerung erst im Juni 2024 mit überragenden 70 Prozent Ja-Stimmen angenommen hat. Das sogenannte Stromgesetz begünstigt viel Innovation, definiert verlässliche Rahmenbedingungen für den beschleunigten Ausbau unter Berücksichtigung des Naturschutzes und macht die Energieversorgung insgesamt resilienter.
Die zweite Initiative fokussiert auf den Beschleunigungserlass, der aktuell noch im Parlament beraten wird und gegen den dereinst bei Bedarf auch ein Referendum ergriffen werden kann. Mit dem Erlass sollen die Rahmenbedingungen und die Bewilligungsverfahren für den Ausbau der erneuerbaren Energien angepasst werden. Denn die oftmals schlicht zu langen Bewilligungsverfahren für Produktionsanlagen, Netze und Speicher stehen klar im Widerspruch zu einer Umsetzung der Energiewende, wie sie die Schweizer Bevölkerung im Mai 2017 – ebenfalls mit grosser Mehrheit – beschlossen hat.
Beide Initiativen haben eine Rückwirkungsklausel. Sollten die Initiativen vom Volk angenommen werden, müssten sämtliche Windräder, die den Initiativen widersprechen und die nach dem 1. Mai 2024 errichtet wurden, wieder abgebrochen werden – auf Kosten der Betreiber.
Windenergie ist für Winterstromversorgung unverzichtbar
«Windenergieanlagen liefern zwei Drittel ihrer Produktion im Winterhalbjahr, also dann, wenn wir am meisten Strom brauchen und von Importstrom abhängig sind», sagt Priska Wismer-Felder, Mitte-Nationalrätin, UREK-N-Mitglied und aeesuisse-Vizepräsidentin. Mit den beiden Initiativen werde versucht, den für die Energiewende dringend benötigte Ausbau der Windenergie grundsätzlich zu verhindern. «Nichts tun ist aber keine Option. Bis 2050 fehlt uns in der Schweiz fast so viel Strom, wie wir heute jährlich verbrauchen. Wir brauchen neue Energieformen – dies sind wir auch der nächsten Generation schuldig», so Priska Wismer-Felder weiter.
Die Auflagen für Windenergieanlagen sind bereits heute sehr hoch: Jedes einzelne Windenergieprojekt unterliegt einer aufwändigen und umfangreichen Umweltverträglichkeitsprüfung, um sicherzustellen, dass alle gesetzlichen Vorschriften zum Schutz der Umwelt eingehalten werden. Und auch die demokratische Mitsprache ist bei Windprojekten auf Stufe Kanton klar geregelt und gewährleistet. Leider benötigen heute auch positiv bewertete Windprojekte wegen einer ausschweifenden Einsprachepraxis 20 und mehr Jahre, bis sie umgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass «Freie Landschaft Schweiz» die langwierigen Bewilligungsverfahren noch weiter verzögern will und den Umweltschutz und die angebliche Sorge um die Demokratie nur vorschieben.
Quelle: aeesuisse
Die Errichtung des Windparks «Le Peuchapatte» im Kanton Jura wäre aufgrund seines Standorts in weniger als 150 Metern Entfernung zum nächstgelegenen Wald nicht möglich gewesen. Bild: Reto Hunziker
Verein «Freie Landschaft Schweiz»
August 2025
Der Verein «Freie Landschaft Schweiz» ist keine Naturschutzorganisation
Der Verein «Freie Landschaft Schweiz» versteht sich als Fundamentalopposition gegen jegliche Windkraftprojekte in der Schweiz – und zwar immer aus Prinzip, unabhängig von den konkreten Umständen im Einzelfall. Der Verein «Freie Landschaft Schweiz» ist keine Naturschutz-, sondern eine Windkraftgegnerorganisation. Dessen Manifest beginnt mit: «Der Verband Freie Landschaft Schweiz (FLCH) und seine natürlichen und juristischen Mitglieder kämpfen für den Schutz vor der Industrialisierung unserer Schweizer Landschaften durch Windkraftanlagen.» Dass es sich dabei um einen nicht verhandelbaren Grundsatz handelt, wird im gleichen Absatz präzisiert: «Dem Verband Freie Landschaft Schweiz ist kein Standort in unserem Land bekannt, wo der Nutzen von grossen, industriellen Windkraftanlagen gegenüber dem Schaden überwiegt.» Damit postuliert der Verband unmissverständlich seine Daseinsberechtigung in der grundsätzlichen Bekämpfung jeglicher Windkraftprojekte. Dies völlig unabhängig von den jeweils spezifischen Umweltbedingungen. Die tatsächlichen Aktivitäten des Vereins stimmen zudem nicht mit seinen Statuten überein. So steht die fundamentale Ablehnung der Windenergie im grundsätzlichen Widerspruch zur Förderung einer sicheren und umweltfreundlichen Energieversorgung sowie zur Erhaltung einer gesunden Lebensqualität und Umwelt.
Keine Verfolgung ausschliesslich gemeinnütziger Ziele
Der Verein scheint zwar nicht gewinnorientiert zu sein, bringt aber in seinen Statuten zum Ausdruck, dass er ausschliesslich gemeinnützige Ziele verfolge. Es besteht allerdings der Verdacht, dass der Verein insbesondere die Interessen von Einzelpersonen, d.h. private Interessen, vertritt – die Mehrheit des Vorstands von FLCH ist direkt von zukünftigen Windkraftprojekten betroffen.
Keine Kompromissbereitschaft
Trotzdem hat der Bund den Verein «Freie Landschaft Schweiz» in die Liste der verbandsbeschwerdeberechtigten Organisationen aufgenommen (VBO-Liste). Es ist nicht nachvollziehbar, wie der Bundesrat zur Einschätzung kommt, dass es sich beim Verein FLCH um eine Naturschutzorganisation handelt.
Olivier Waldvogel von Suisse Eole erklärt denn auch: «Der Verein hat aus Sicht der Windenergienutzung in der Schweiz bereits jetzt sehr viel Schaden angerichtet. Mit dem nationalen Beschwerderecht wird ihm nun ein weiteres Instrument zur Verhinderung der Windenergie – seinem wichtigsten Zweck – verliehen. Diese Tatsache wird nicht nur die Erreichung der Ziele der Energie- und Klimapolitik, die vom Volk mehrmals bestätigt wurden, zusätzlich stark gefährden, sondern auch die Arbeit anderer legitimer Umweltschutzorganisationen diskreditieren und nicht zuletzt dem Instrument des Beschwerderechts erheblichen Schaden zufügen.»
Ziel des Verbandsbeschwerderechts ist es, eine gerichtliche Überprüfung von Entscheiden zu ermöglichen, insbesondere wenn Privatpersonen nicht direkt betroffen sind, aber öffentliche Interessen tangiert werden. In der Energiewirtschaft ist es üblich und selbstverständlich, Lösungen in Zusammenarbeit mit Naturschutzorganisationen zu finden. Im Gegensatz zu den eigentlichen Umweltorganisationen hatte der Verein FLCH nie ein Interesse an einvernehmlichen Lösungen. Er verfolgt einzig und allein das Ziel, Windkraftprojekte grundsätzlich mit Einsprachen zu bekämpfen. Es ist offensichtlich, dass der Verein das Verbandsbeschwerderecht missbrauchen will, um Windenergieprojekte zu verzögern. Die Erreichung der Ausbauziele für die Windenergie – und damit die Versorgungssicherheit im Winter – wird durch die Aufnahme des Vereins FLCH in die VBO-Liste massiv erschwert.
Quellen: aeesuisse und Suisse Eole